Ich erinnere mich noch genau an das erste Mal, als ich selbstgemachte Marshmallow-Creme probiert habe. Es war nicht in einer sterilen, perfekten Testküche, nein. Es war in der winzigen, mit Mehl bestäubten Küche meiner Tante. Sie warf irgendetwas zusammen, das aussah wie eine Wolke, die sich in einer Schüssel verirrt hatte, und schmierte es auf knusprige Toastscheiben. Der Geschmack? Absolut umwerfend. Süß, vanillig, so luftig, dass es sich anfühlte, als würde man einen Kuß vom Himmel essen. Aber – und hier kommt das große Aber – sie hatte ihre Geheimzutat verraten: etwas, das ich damals nicht kannte und das mich später, als ich mehr über meine Ernährung lernte, immer vor ein Problem stellte.
Jahre später, mitten in einer nächtlichen Heißhungerattacke auf S’mores, stand ich in meinem Supermarkt und drehte ein Glas dieser berühmten, fluffigen Creme in der Hand. Die Zutatenliste las sich wie ein Chemiebaukasten. Da war es wieder, dieses eine spezifische Bindemittel, das aus tierischen Bestandteilen gewonnen wird. Ich stellte das Glas enttäuscht zurück. Aber dieser Geschmack, diese Kindheitserinnerung, ließ mich einfach nicht los. Also dachte ich mir: Na gut, dann machst du es eben selbst. Was kann schon schiefgehen?
Oh, mein Freund. So viel. So viel kann schiefgehen.
Meine erste eigene Version war eine absolute Katastrophe. Ich dachte, ich könnte einfach ein paar Zutaten ersetzen und gut ist. Falsch gedacht. Was herauskam, war eine klebrige, körnige, traurige Masse, die eher an Kleister als an eine Köstlichkeit erinnerte. Ich war so frustriert, dass ich fast das Handtuch geworfen hätte. Aber ich hasse es, von einem Rezept besiegt zu werden. Also versuchte ich es wieder. Und wieder. Ich habe Sirup verspritzt, der auf meiner Arbeitsplatte zu hartem Zuckerstein aushärtete. Ich habe mir fast die Finger verbrannt, als ich den heißen Zuckersirup vom Löffel lecken wollte (macht das nicht, wirklich nicht!). Ich habe meinen Mixer so sehr überlastet, dass er anfing, seltsame Geräusche zu machen und nach verbranntem Motor roch.
Aber dann, beim vielleicht fünften oder sechsten Versuch, passierte Magie. Die Mischung wurde weiß. Sie wurde voluminös. Sie wurde dick und cremig und wunderschön. Ich habe so getanzt in meiner Küche, dass mein Hund mich völlig verwirrt angesehen hat. Seit diesem Tag ist dieses Rezept mein absoluter Go-To für alles, was süß und tröstend sein muss. Es ist nicht perfekt – aber welches selbstgemachte Ding ist das schon? Es ist echt. Es ist meins. Und jetzt teile ich es mit dir, mit all den kleinen Fehlern und Aha-Momenten, die es so besonders machen.
Warum du dieses Rezept lieben wirst
- Du weißt genau, was drin ist: Keine langen, unaussprechlichen Zutaten. Nur einfache, gute Dinge, die du ohne schlechtes Gewissen genießen kannst.
- Es ist erstaunlich vielseitig: Diese Creme ist nicht nur fürs Brot da! Du kannst sie in Heißgetränke rühren, auf Kekse haufen, Torten füllen oder einfach direkt aus dem Glas löffeln (ich werde es niemandem verraten).
- Die Zufriedenheit, es selbst geschafft zu haben: Es gibt ein unglaubliches Erfolgserlebnis, wenn du diese fluffige, weiße Creme siehst und weißt: “Wow, ICH habe das gemacht!”
- Perfekt für besondere Anlässe (oder einfach nur den Mittwoch): Ob ein Kindergeburtstag, ein gemütlicher Filmabend oder einfach nur, weil du dir etwas Gutes tun willst – diese Creme macht jeden Tag ein bisschen besser.
- Es fühlt sich einfach nach Umarmung an: Ernsthaft. Es ist süß, weich, sanft und einfach nur tröstlich. Es ist Seelenfutter in Reinform.
Die Zutaten: Eine kleine Liebeserklärung
Bevor wir uns in die Chaos-Phase begeben, lass uns kurz durchgehen, was wir hier eigentlich zusammenbrauen. Es sind nur wenige Zutaten, aber jede hat eine wichtige Aufgabe.
- Zucker & Agavendicksaft: Das ist das Herzstück der Süße. Ich verwende eine Mischung aus normalem Haushaltszucker und Agavendicksaft. Der Zucker gibt die Struktur und bildet den stabilen Sirup, während der Agavendicksaft eine schöne, milde Süße und eine geschmeidige Textur bringt. Man könnte auch nur Zucker verwenden, aber die Mischung mag ich einfach am liebsten.
- Wasser: Klingt simpel, ist es auch. Es löst den Zucker auf und hilft, ihn zum Kochen zu bringen, ohne dass er sofort verbrennt. Kein Raum für Experimente hier – Leitungswasser funktioniert perfekt.
- Aquafaba: Das ist mein größter Game-Changer und die magische Zutat, die alles möglich macht! Aquafaba ist einfach das Aufkochwasser von Kichererbsen. Klingt verrückt, ich weiß. Aber trust me on this. Es funktioniert wie ein Wahnsinniger. Wenn du es aufschlägst, wird es steif und weiß – genau wie Eiweiß! Es ist das pflanzliche Wunder, das unserer Creme die unglaubliche, luftige Textur verleiht, ganz ohne tierische Produkte. Einfach eine Dose Kichererbsen abgießen und das Wasser auffangen. (Die Kichererbsen kannst du dann für einen fantastischen Hummus oder für einen Salat verwenden – nichts wird verschwendet!)
- Pektin & Johannisbrotkernmehl: Anstelle von tierischem Bindemittel verwende ich eine Mischung aus Pektin und Johannisbrotkernmehl. Pektin, das natürlich in Früchten vorkommt, hilft beim Gelieren und gibt der Creme einen sauberen, nicht klebrigen Schmelz. Johannisbrotkernmehl stabilisiert das Ganze und sorgt dafür, dass die fluffige Konsistenz auch über Tage erhalten bleibt. Beides together are the dream team für Stabilität und Textur.
- Vanilleextrakt: Bitte, bitte nimm ein hochwertiges Vanilleextrakt auf Wasserbasis. Das billige Zeug mit künstlichen Aromen schmeckt man sofort heraus und es kann einen seltsamen, chemischen Beigeschmack haben. Die Vanille ist der Star des Aromas, also gönn dir hier was Gutes. Wenn du magst, kannst du auch das Mark einer halben Vanilleschote auskratzen – das ist der pure Luxus!
- Eine Prise Salz: Das ist der heimliche Held in jedem Süßspeisen-Rezept. Salz unterstreicht die Süße und macht das Aroma insgesamt runder und komplexer. Ohne Salz schmeckt alles einfach nur flach und süß. Mit Salz schmeckt es nach einer ausgewogenen, köstlichen Süßspeise. Glaube mir einfach.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: Ein chaotischer Tanz in der Küche
Okay, schnall dich an. Hier wird’s lustig. Nimm dir Zeit, räum deine Arbeitsplatte frei und hab einen guten Handmixer oder eine Küchenmaschine parat. Eine Rührschüssel aus Metall ist hier ideal, aber Glas oder robustes Plastik gehen auch.
Gesamtzeit: Etwa 30 Minuten Aktivität, plus mehrere Stunden Wartezeit
Ergibt: Ein großes Glas voll (ca. 500g)
Du brauchst:
- 1 Dose Kichererbsen (ergibt ca. 120ml Aquafaba)
- 250g Zucker
- 80ml Agavendicksaft
- 60ml Wasser
- 1 TL Pektin (als Geliermittel)
- 1/2 TL Johannisbrotkernmehl (als Stabilisator)
- 1 TL Vanilleextrakt (auf Wasserbasis)
- Eine gute Prise Salz
- Ein Zuckerthermometer – das ist wirklich sehr hilfreich!
Und so geht’s:
- Aquafaba vorbereiten: Gieße die Kichererbsen in ein Sieb über einer Schüssel ab. Die Kichererbsen heben wir uns für später auf. Das aufgefangene, etwas glibberige Wasser ist unser flüssiges Gold – das Aquafaba. Gib 120ml davon in die sehr saubere Schüssel deines Mixers. Der Rest kann weg oder du frierst ihn für das nächste Mal ein. Sauberkeit ist hier key! Jetzt schlägst du das Aquafaba auf höchster Stufe auf, bis es steife, weiße Spitzen bildet. Das kann 5-8 Minuten dauern. Sei geduldig! Es wird passieren! Während es mixt, kannst du schon mal den Sirup vorbereiten.
- Der Zuckersirup – die heiße Phase: In einem kleinen, schweren Topf (ein heller Topfboden ist super, damit du die Farbe des Zuckers gut sehen kannst) gibst du den Zucker, den Agavendicksaft und das Wasser. Erhitze das bei mittlerer Hitze und rühre nur so lange, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Dann – und das ist wichtig – hör auf zu rühren! Einfach den Topf stehen lassen und den Zucker seine Sache machen lassen. Wenn du rührst, kann der Zucker kristallisieren und dann wird alles klumpig. Nicht gut. Leg dein Zuckerthermometer bereit.
- Die Wartezeit überbrücken: Jetzt musst du den Sirup auf 115°C bis 120°C kommen lassen. Das dauert eine Weile. In dieser Zeit geht dein Mixer hoffentlich immer noch und verwandelt das Aquafaba in einen schneeweißen, fluffigen Traum. Wenn dein Sirup die richtige Temperatur erreicht hat, nimm ihn sofort von der Hitze. Er sollte klar und blasenfrei sein. Vorsicht, verdammt heiß!
- Alles zusammenbringen – der magische Moment: Jetzt wird’s spannend. Schalte den Mixer auf mittlere Stufe. Gieße den heißen Zuckersirup in einem sehr, sehr dünnen Strahl langsam an den Rand der Schüssel in das aufgeschlagene Aquafaba. NICHT in die Mitte, nicht auf die Rührer! Warum? Weil der heiße Sirup das Aquafaba sonst sofort zusammenfallen lässt und wir dann wieder von vorne anfangen können. Wir wollen es langsam und schonend einarbeiten. Wenn du alles eingegossen hast, drehst du den Mixer auf die höchste Stufe.
- Mixen, mixen, mixen: Jetzt mixe es für gute 5-10 Minuten. Ja, so lange. Die Schüssel wird sich außen warm anfühlen, aber nicht mehr heiß. Du wirst sehen, wie die Masse dicker, glänzender und noch voluminöser wird. Sie kühlt in dieser Zeit auch ab. Mische so lange, bis die Schüssel kaum noch warm ist. Das ist das Zeichen, dass es fast geschafft ist.
- Die letzten Schritte: Mische zum Schluss das Vanilleextrakt und die Prise Salz unter. Sieh dir diese wunderschöne, glänzende, dicke, weiße Creme an! Du hast es geschafft!
- Abfüllen und Abwarten: Schabe die Creme mit einem Spatel in ein sauberes, luftdichtes Glas. Mach den Deckel drauf und stelle es für mindestens 4 Stunden, besser über Nacht, in den Kühlschrank. Es wird in dieser Zeit noch einmal etwas festwerden und die perfekte Streichkonsistenz bekommen.
Und schon ist sie fertig! Deine eigene, selbstgemachte, wunderbar pure Marshmallow-Creme.
Profi-Tipps & Variationen
- Schokoladen-Liebe: Für eine Schoko-Version mische einfach 2-3 EL ungesüßtes Kakaopuls unter, nachdem du die Vanille eingerührt hast.
- Fruchtiger Twist: Um eine fruchtige Note zu bekommen, kannst du etwas Zitronenabrieb oder Orangenschale unterheben. Oder ersetze einen Teil des Vanilleextrakts durch ein Himbeer- oder Erdbeeraroma auf Wasserbasis.
- Ohne Thermometer? Keine Panik. Eine alte Bäcker-Methode ist die “Spritz-Probe”. Nimm eine Schüssel mit eiskaltem Wasser. Tröpfle ein wenig vom heißen Zuckersirup hinein. Wenn sich das Tröpfchen sofort zu einer festen, aber noch formbaren Kugel verziehen lässt, die sich weich anfühlt, hat der Sirup die richtige Temperatur (den sogenannten “weichen Bisquit-Grad”).
- Super stabil: Wenn du die Creme für eine Torte oder unter eine schwere Cremeschicht verwenden willst, erhöhe die Menge an Johannisbrotkernmehl auf 3/4 TL, damit sie noch stabiler wird.

Was dazu passt
Die Möglichkeiten sind endlos! Hier sind meine Favoriten:
- Klassisch: Auf frisch getoastetem Brot oder knusprigen Waffeln. Der Kontrast zwischen warm/knusprig und kühl/fluffig ist einfach göttlich.
- Heiße Schokolade: Ein großer Klecks in einer Tasse heißer Milch (oder Hafermilch) verrührt sich zu einer cremigen, schaumigen Wolke.
- Als Dip: Serviere sie mit frischem Obst wie Erdbeeren, Äpfeln oder Bananen für einen leichten Nachtisch.
- Als Füllung: Perfekt für Makronen, Cupcakes oder als Schicht in einem Schokokuchen.
- Einfach so. Löffel. Glas. Glück.
Aufbewahrung und Haltbarkeit
Bewahre die Creme immer gut verschlossen im Kühlschrank auf. So hält sie sich problemlos für 1-2 Wochen. Sie kann etwas an Volumen verlieren oder flüssiger werden, wenn sie zu lange steht – einfach nochmal kurz mit dem Mixer aufschlagen, dann wird sie wieder fluffig.
Einmal auf Raumtemperatur gebracht, lässt sie sich super einfach verstreichen. Einfach das Glas für 15-20 Minuten aus dem Kühlschrank nehmen vor dem Verzehr.
Häufige Fragen (FAQ)
F: Mein Aquafaba wird nicht steif. Was mache ich falsch?
A: Das kann passieren! Erstens: Stelle sicher, dass deine Schüssel und deine Rührer fettfrei sind. Jeder Fettrest kann den Aufschlagprozess ruinieren. Zweitens: Sei geduldig. Es kann manchmal länger dauern. Ein kleiner Schuss Zitronensaft oder eine Prise Weinsteinbackpulver kann helfen, den Aufschlag zu stabilisieren. Einfach mit zum Aquafaba geben.
F: Kann ich den Zucker durch etwas anderes ersetzen?
A: Das ist tricky. Der Zucker im Sirup ist nicht nur für die Süße da, sondern auch für die Struktur. Flüssige Süßungsmittel wie reiner Agavendicksaft oder Ahornsirup alleine funktionieren nicht, da der Sirup nicht fest wird. Du könntest mit Erythrit oder Xylit experimentieren, die ähnliche Eigenschaften wie Zucker haben, aber ich habe es selbst noch nicht ausprobiert. Die Ergebnisse können variieren.
F: Meine Creme ist zu flüssig/zu fest.
A: Die Konsistenz hängt stark von der Temperatur des Zuckersirups und der Aufschlagszeit ab. Wenn sie zu flüssig ist, war der Sirup vielleicht nicht heiß genug oder du hast nicht lange genug gemixt. Wenn sie zu fest und gummiartig ist, war der Sirup zu heiß. Keine Sorge – auch eine weniger perfekte Creme schmeckt meist noch fantastisch!
Anpassungen für besondere Ernährungsweisen
- Glutenfrei: Dieses Rezept ist von Natur aus glutenfrei. Achte einfach darauf, dass alle deine Zutaten (vor allem die Stabilisatoren) aus zertifiziert glutenfreier Produktion stammen, wenn du extrem empfindlich bist.
- Sojafrei: Perfekt! Es ist komplett sojafrei.
- Nussfrei: Ja, auch das ist von Natur aus gegeben.
Häufige Fehler, die du vermeiden solltest
- Den Sirup zu früh abnehmen: Ohne Thermometer wird das geraten. Warte, bis er wirklich die richtige Temperatur/ Konsistenz hat. Geduld ist alles.
- Den heißen Sirup zu schnell ins Aquafaba gießen: Das ist der häufigste Grund für ein Zusammenfallen. Immer schön langsam und am Rand der Schüssel entlang.
- Nicht lange genug mixen: Die Masse muss wirklich fast komplett abkühlen. Das gibt ihr die stabile, cremige Textur.
Abschließende Gedanken
Dieses Rezept ist für mich so viel mehr als nur eine süße Creme. Es erinnert mich daran, dass Rückschläge in der Küche (und im Leben) einfach nur Teil des Prozesses sind. Dass es sich lohnt, weiterzumachen, auch wenn der erste, zweite oder dritte Versuch in die Hose geht. Und dass die selbstgemachte Version von etwas – mit all ihren kleinen Unvollkommenheiten – immer, immer tausendmal befriedigender ist als etwas, was man einfach im Regal kauft.
Diese Creme steht auf meinem Küchenregal und erinnert mich an den Tanz meines Mixers, den Geruch von Karamell in der Luft und das Gefühl, etwas mit meinen eigenen Händen erschaffen zu haben. Sie ist pure, unverfälschte Freude in einem Glas.
Also, was ist dein ultimatives Comfort Food? Und was würdest du als erstes mit dieser Marshmallow-Creme anstellen? Ein riesen S’more? Einfach nur den Löffel reinhalten? Erzähl es mir!